Auszug aus „Am Anfang war das Bier“, Druckdatei aus -0435

Am Anfang war das Bier

Tagespresse, 11. März
Morddrohungen an die Tagespresse!
Liebe Leser, der Streit ums deutsche Bier geht in die nächste Runde. Gestern erreichte ein Drohbrief eines unbekannten Lesers die Tagespresse, in dem die Zeitung beschimpft und der Chefredakteur persönlich angegriffen wurde. Egal, welche Meinung man zu Alkoholgenuss und Bier hat, deswegen jemanden mit dem Tode zu bedrohen, geht entschieden zu weit. Vielleicht ist sich der anonyme Verfasser nicht im Klaren, dass dies eine Straftat ist?
Die Tagespresse hat sich, auch um weiteren Aktionen in dieser Richtung einen Riegel vorzuschieben, entschieden, die Angelegenheit öffentlich zu machen und fragt ihre Leser: Kennt jemand den Verfasser dieses Briefes, kann jemand die Schrift identifizieren? (Original links im Infokasten)

Tom Fränkel,
was bist du doch für ein korrupter Schreiberling! Statt Tatsachen Tatsachen sein zu lassen, lobhudelst du in deinem Wurstblatt dem Bier in jeder erdenklichen Form, du zitierst sogar vermeintlich wissenschaftliche Studien, um die Scheinargumente zu untermauern. Pfui! So werden anständige Leute in die Irre geführt.
Bier ist nicht gesund, das ist eine Lüge, und dieser unsägliche Wettbewerb verführt die Menschen zum Trinken. Wie kann man nur so einen Mist von sich geben… Dein Wurstblatt gefährdet die Gesundheit aller! Ich fordere die Tagespresse auf, ihre Veröffentlichungen von letzter Woche zu berichtigen. Wenn nicht, wirst du es büßen, vielleicht sogar mit dem Leben!!!
Und erspare uns in Zukunft Deine „Kommentare“, du Schwuchtel!

Liebe Leser, der Text spricht für sich. Bitte informieren Sie uns schnellstmöglich, wenn Sie die Schrift identifizieren, wir werden die Sache dann an die Ermittlungsbehörden weiterleiten.
Lara Birkenfeld

Freiberger Blatt, 13. März
Lebensmittelvergiftung nach Biersuppe in Freiberg
Gestern war der sächsische Bier-Contest in Freiberg zu Gast. Der Abend endete für viele Besucher mit einem Aufenthalt im Krankenhaus, nachdem sie der vor Ort gebrauten „sächsische Biersuppe“ reichlich zugesprochen hatten.
Aber der Reihe nach:
Was sich hinter dem sächsischen Bier-Contest verbirgt, wissen unsere Leser seit Januar, voller Stolz waren die Freiberger, den Wettbewerb zu Ehren der sächsischen Biere auch in ihrer Stadt begrüßen zu dürfen. Zu dieser besonderen Feier hatten sich die Verantwortlichen aus Freiberg etwas ganz Besonderes einfallen lassen: historische Rezepte rund um das Bier im historischen Freiberger Brauhaus. Seit fast 800 Jahren wird in Freiberg Bier gebraut, und so hatten die Freiberger vor, ihre Stadt und ihr Bier gebührend zu feiern. Bier ist nicht nur ein Getränk, sondern bildete auch schon seit Hunderten von Jahren die Rezeptgrundlage für herrschaftliche Speisen. Vor der Einführung des Kaffees wurde die warme Biersuppe am Morgen von Kindern und Erwachsenen gegessen. Bier galt als nahrhaftes und stärkendes Lebensmittel. Zu den Leibgerichten des Herzogs Heinrich der Fromme gehörte eine Biersuppe mit gekochten Heringen. Die Freiberger hatten wohlweislich auf die Heringe verzichtet und ihre Biersuppe nach einem überlieferten Rezept außer mit Bier mit Milch, Mehl, Sahne, verquirltem Eigelb und Rumrosinen hergestellt.
Im Anschluss an die Veranstaltung mussten über 40 Gäste mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall in ein nahe gelegenes Krankenhaus eingeliefert werden, wo sie die Nacht verbrachten. Die meisten konnten inzwischen wieder nach Hause entlassen werden. Die Ursache der Übelkeit ist noch nicht geklärt, eine Lebensmittelvergiftung jedoch wahrscheinlich. Alle erkrankten Gäste hatten Biersuppe zu sich genommen.
Max Weber

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